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ERFOLGSGESCHICHTEN

Vicky Gus Rezept für Inhalte, die Appetit machen

Vicky Gu ⚈ Gründerin und Chefredakteurin ⚈ Currant

Über das Internet können sich Feinschmeckerinnen weltweit vernetzen – auch abseits der kulinarischen Metropolen. Unternehmerinnen wie Vicky Gu leisten einen großen Beitrag dazu. Als Gründerin des Food-Medienkollektivs Currant setzt sie sich für neue Sichtweisen und eine gerechtere Lebensmittelzukunft ein.

Erfahre, wie Vicky Nachfragegenerierung definiert, wie sie eine globale Food-Publikation gegründet hat und wie sie Unternehmer*innen inspiriert, ihre Ideen zu verwirklichen.

Was ist deine Geschichte und wie hast du deine Leidenschaft gefunden?

Beginnen wir ganz am Anfang: Ich bin in einem chinesisch-amerikanischen Haushalt in Dallas aufgewachsen. Wenn ich an das Essen denke, das wir als Kinder gewohnt waren, dann war das einfach das, was uns vorgesetzt wurde. Bei uns gab es eine tolle Mischung aus Shanghaier Hausmannskost, texanischen Steakhäusern und Schnellimbissen nach dem Sporttraining.

Ich habe in Kopenhagen kulinarische Kultur bei jemandem vom Nordic Food Lab von Noma studiert. Diese Erfahrung hat mich umgehauen. Ich habe mich noch nie so intensiv mit dem Thema Essen auseinandergesetzt – weder mit dem Bauch noch mit dem Verstand. Wir lasen wissenschaftliche Artikel über die Laktosefermentation, sammelten Essbares im Wald und diskutierten über kulinarischen Aktivismus, bevor das Thema groß wurde. Es war eine aufregende Reise.

Danach machte ich ein Praktikum in der Technologiebranche in San Francisco und sah, wie die Technologiewelt an Probleme herangeht. Ich begegnete dem konzeptorientierten Denken und lernte, durch den Einsatz von Konzepten bessere Ernährungssysteme zu entwerfen. In dieser Zeit habe ich gelernt, systematischer zu denken.

Bevor ich nach New York zog, hatte ich im Gesundheits- und Sozialwesen im Bereich der öffentlichen Gesundheitskommunikation gearbeitet. Das Nachdenken über die Auswirkungen, die übergeordnete Themen auf einzelne Personen und Familien haben können, hat mich geprägt. In Washington, wo ich an der Georgetown University Finanzen und internationale Wirtschaft studierte, gab es auf dem Campus einen Bauernmarkt. Ich begann, die Wurzeln des Aktivismus rund um die Ernährung zu erkennen. Ich engagierte mich ehrenamtlich und lernte, Dinge von Grund auf neu aufzubauen.

Mehrere Jahre lang arbeitete ich in New York, zunächst bei einem Lebensmittel- und Getränkeunternehmen, wo ich für Marketingkampagnen, Designproduktion und Partnerschaften zuständig war. In dieser Zeit hatten Publikationen wie Bon Appétit ihre Blütezeit, und ich ging zu einer ihrer Podcast-Aufnahmesessions. Ich tauchte einfach in diese Welt ein. Das betraf nicht nur den Medienbereich, sondern auch die Aspekte Design und Community und den Einsatz verschiedener Medien, um Geschichten über etwas zu erzählen, was wir alle als etwas Instinktives wahrnehmen – Essen.

Was war der Auslöser für die Gründung von Currant? Wann ist dir klar geworden: „Das passiert jetzt wirklich“?

2018 trödelte ich lange mit meinem ersten Artikel für Currant herum. Ich glaube, er ist nicht einmal mehr auf der Website zu finden. Er war mir so peinlich, dass ich ihn entfernt habe. Das Wirtschaftsstudium bot kein Ventil für kreative Impulse, also abonnierte ich die Adobe Creative Cloud. Als ich nach New York kam, gab es die allgemeine Erwartung, dass du mit kreativen Tools umgehen kannst, egal wo du arbeitest. Die Arbeit im Marketingbereich bot weitere Möglichkeiten, mich im kreativen Bereich auszuprobieren.

Ich bewarb mich für die Adobe Creative Residency und reichte einen Pitch für Currant ein. Es war nicht mehr als ein Konzept. Ich wusste, dass ich es auf jeden Fall machen würde, auch wenn meine Bewerbung abgelehnt würde. Das brachte mich dazu, meine Gedanken zu Papier zu bringen mir das Ganze visuell vorzustellen. Meine Bewerbung war nicht erfolgreich, aber ich hatte etwas Besseres – einen Anfang.

Es ist schwer. Besonders wenn du in Vollzeit arbeitest. Du willst mehr Zeit investieren, aber du hast blinde Flecken, da dir das Fachwissen fehlt. Zum Glück fand ich heraus, dass ich einen Creative Director zum Nachbarn hatte, der gerade dabei war, sein eigenes Studio zu gründen. So etwas kann nur in New York passieren! Er war sehr nett und hat schließlich Logo, Branding und Designkonzepte für den Anfang erstellt. Dadurch kam das Ganze erst richtig in Schwung. Das war der Moment, in dem ich spürte, dass wir etwas Greifbares hatten. Da legte ich einfach los und machte das Beste daraus.

„Ich tauchte einfach in diese Welt ein. Das betraf nicht nur den Medienbereich, sondern auch die Aspekte Design und Community und den Einsatz verschiedener Medien, um Geschichten über etwas zu erzählen, was wir alle als etwas Instinktives wahrnehmen – Essen.“

Wie definierst du Nachfragegenerierung? Denkst du oft darüber nach?

Ständig. Ich denke viel über Kennzahlen nach. Es geht darum, die richtigen Blicke auf deine Arbeit zu lenken und dich gleichzeitig zu fragen: „Wie schaffen wir es, dass kleine Wellen zum richtigen Zeitpunkt aufeinandertreffen und zu einer größeren Welle werden?“ Wir legen zum Beispiel keinen speziellen Wert auf unsere Followerzahlen in den sozialen Medien, aber es handelt sich trotzdem um eine Kennzahl, die wir berücksichtigen und im Blick behalten.

Um ein gerechteres System zu erschaffen, müssen wir wissen, was die größte Wirkung erzielt und welchen Einfluss wir auf die Interaktion mit unseren Inhalten nehmen können. Dadurch können die Gewohnheiten der Nutzer*innen beeinflusst werden – zum Beispiel wenn sie einen Link anklicken, den sie vorher nicht angeklickt hätten, und dadurch ein Rezept in einer neuartigen Sprache entdecken oder neue Begriffe lernen. Das ist ein großer Teil dessen, wofür wir uns einsetzen.

Nachfragegenerierung ist Bildung. Es geht darum, Sprache in Echtzeit zu erschaffen – und genau das macht es so schwierig. Vor allem, wenn du etwas Neues machst und zum Beispiel Geschichten über Essen auf eine stark integrierte, multidisziplinäre Weise erzählst. Es ist schwieriger, Menschen dazu zu bringen, sich etwas Neues anzusehen. Unsere Arbeit besteht zu einem großen Teil darin, den Menschen beizubringen, weniger Zeit in den passiven Konsum sozialer Medien und mehr Zeit in das aktive Miteinander zu investieren.

Interessantes und Lustiges über Vicky

  • Oh, ich liebe den Morgen.

  • Etwas wie die neue nordische Küche ist durch nichts zu ersetzen. Und als etwas Einfaches fällt mir ein richtig gutes Minz-Schokoladeneis ein.

  • Mein Wohlfühlessen ist die Shanghaier Küche. Was mich am Essen reizt, ist schwieriger zu sagen – ich bin sehr empfänglich: Nordisch. Mexikanisch. Israeli. Nahöstlich. Kalifornisch. Japanisch. Koreanisch. Nigerianisch. Ich habe eigentlich keinen Favoriten.

  • Diese Wahl kannst du mir nicht aufzwingen. Ich sage nur: süß-herzhaft.

  • „Sanft“ – das ist im Moment mein Motto beim Essen. Ich mache nur Essen, von dem ich weiß, dass es mich tröstet und nährt.

Wo findest du aufstrebende, relative unbekannte Stimmen, um ihnen im Food-Bereich Gehör zu verschaffen?

In der Art und Weise, wie wir neuen Stimmen eine Plattform bieten, kommt die Kompetenz unseres Teams zum Ausdruck. Die Verantwortung dafür liegt bei Sarah Cooke, unserer leitenden Autorin und meiner Redaktionspartnerin. Sie führt auch die meisten unserer Interviews. Liza Pittard leitet die Bereiche Recherche und Community und ist auf den Gebieten Kunst und Archivierung tätig. Clare Lagomarsino ist eine brillante Designerin, die ganz in neue, ausgefallene künstlerische Projekte eintauchen kann.

Unser multidisziplinäres Team ist nicht einem bestimmten Sektor oder einer Branche verhaftet – auf diese Weise entdecken wir Dinge, die noch nicht Teil des Mainstreams sind. Unsere Veröffentlichungen spiegeln unsere Interessen, Leidenschaften und kreativen Bedürfnisse wider.

Gibt es etwas, was sich für Currant bewährt hat und auch von anderen Unternehmer*innen beherzigt werden sollte?

Wir stochern im Nebel – aber auf sinnvolle, strategische Weise. Wir achten auf die Entwicklungen in uns selbst und in der Branche, um herauszufinden, was uns einzigartig macht – und das braucht Raum und Zeit. Du musst Grenzen setzen und dir Zeit geben, um auf deine eigene Stimme zu hören. Das kann schwer sein, wenn das Gefühl an dir nagt, dass du etwas verpassen könntest, aber es ist unglaublich wichtig.

Was ebenfalls funktioniert, ist, gemeinsam mit deiner Community kreativ zu werden und sie in den Prozess einzubinden. Wir haben durch die in Mailchimp integrierten Umfragen enorm viel gelernt. Es war toll, unserer Zielgruppe das zu präsentieren, wovon wir als Team begeistert waren. Du kannst nicht einfach etwas ausprobieren und dich dabei nur von deinem eigenen Gefühl leiten lassen. Du musst dich fragen: Hat es funktioniert? Lohnt es sich, darin zu investieren?

Was hat nicht so gut funktioniert? Welche Fehler sollten andere kleine Unternehmen vermeiden?

Mein größter Fehler ist, dass ich mich so sehr darauf versteife, etwas perfekt zu machen, dass ich es aufschiebe oder gar nicht dazu komme. Vor allem am Anfang, wenn weniger auf dem Spiel steht. Die Nachfragegenerierung kann ein sehr unterhaltsamer, spielerischer und reizvoller Prozess sein, bei dem du experimentierst und beobachtest, was gut ankommt.

„Die Nachfragegenerierung kann ein sehr unterhaltsamer, spielerischer und reizvoller Prozess sein, bei dem du experimentierst und beobachtest, was gut ankommt.“

War es einfacher oder schwieriger als erwartet, eine Community aufzubauen und Menschen dazu zu bringen, anders über das Essen nachzudenken?

Beides – aber eher schwieriger. Es ist schwierig, Menschen zu bitten, sich in einem digitalen Medium als sich selbst zu zeigen. Nach den Erfahrungen des Jahres 2020 bin ich absolut dafür, mehr offline als online zu sein. Ich sehe jedoch viel Potenzial im digitalen Aktivismus. Die Frage, die wir beantworten wollen, ist: Welche Art von digitalem Aktivismus bringt den Menschen Freude?

Andererseits war es toll, die Resonanz auf unsere Inhalte zu sehen. Es war absolut unerwartet und anregend, positives Feedback von Medienpublikationen, Unternehmen und gemeinnützigen Organisationen zu bekommen, die für uns persönlich eine Inspiration sind. Aber hinter all dem steckt eine Menge Arbeit.

Eure Inhalte reichen von Interviews mit Expert*innen wie Dr. Emily Contois bis hin zu eurer bezaubernden, modernen Interpretation von If You Give a Kid a Cookie. Wo findet dein Team die Inspiration dafür?

Wenn du künstlerisch, kreativ oder im Design tätig bist, wirst du ständig von den Arbeiten anderer inspiriert. Ich bin nicht dauernd online, aber ich versuche, meine Onlinezeit gut zu nutzen.

Das Schöne am Leben in New York ist, dass du immer Inspiration hast. Ich kann dir gar nicht sagen, wie viele zufällige Fotos ich auf der Straße gemacht habe. Es geht nicht darum, ein Instagram-Bild zu machen. Mir genügt es, ein privates Album zu erstellen, das mich an diese Inspirationen erinnert.

Einsamkeit, Meditation oder was auch immer dich spirituell erdet – das schafft die Grundlage dafür, dass sich die Räder der Kreativität zu drehen beginnen – aber nicht unüberlegt oder hektisch. Wenn die Kreativität sich Bahn bricht, hast du unglaublich viel Energie. Es ist besser, diese Energie in etwas Erreichbares, Messbares und Funktionales zu lenken. Ich denke dabei an die Herstellung von Wurst – wortwörtlich. Es geht darum, aus all diesen sonderbaren Inspirationsbröckchen etwas Zusammenhängendes zu erschaffen. Die Antworten auf unseren E‑Mail-Newsletter sind immer der Höhepunkt meines Tages. Wir schreiben eine E‑Mail an einen Haufen Leute, und dann kommt eine Mail zurück, in der sich jemand für etwas bedankt, was du getan hast. Das ist durch nichts zu ersetzen.

„Wenn die Kreativität sich Bahn bricht, hast du unglaublich viel Energie. Leite diese Energie in etwas Erreichbares, Messbares und Funktionales.“

Wie lautet dein aktueller Elevator Pitch für Currant?

Uns steht enormes Wachstum bevor. Wir sind dabei, uns als eine seriöse, glaubwürdige, faszinierende und mutige Publikation und Community zu etablieren. Ein oder zwei Jahre lang war ich ziemlich allein, bevor es mir gelang, ein Kollektiv aufzubauen. Wir haben monatelang als Team die Köpfe zusammengesteckt und ich bin wirklich gespannt auf das, was kommen wird. Wir denken über immersivere Multimedia-Inhalte nach. Wir beschäftigen uns mit Open-Source-Daten, Innovationsmodellen, der Zukunft von verteilten Communitys und lassen uns von Tech- und Medienberatungen inspirieren. Wir haben Ambitionen, sind aber nicht in Eile. Wir sind an einem aufregenden Punkt mit viel Unsicherheit, aber auch viel Potenzial.

Welchen Rat würdest du Kleinunternehmer*innen geben, die Begeisterung für ihr Vorhaben wecken wollen?

Sei ehrlich und sei du selbst. Zu Beginn eines Projekts ist deine Idee dein Baby. Sie ist ein umfassender Ausdruck deiner selbst, bevor sie sich zu etwas entwickelt, das durch gesellschaftliche Schranken gezähmt ist.

Wir leben in einer digital geprägten Welt. Es ist also hilfreich, zu überlegen, wie deine Kommunikationsaktivitäten ineinandergreifen, um dich auf eine ganzheitliche Weise präsentieren zu können. Dadurch kann auch deine Zielgruppe dich umfassender kennenlernen, und so entstehen bessere Geschäftsbeziehungen.

Was spricht deine Zielgruppe an? Was sind ihre Probleme? Welche Sehnsüchte brennen in ihren Herzen? Aber frag das nicht nur, damit du sie dazu bringen kannst, auf etwas zu klicken. Höre ihnen zu. Finde heraus, was sie interessiert und sprich dieses Interesse an.

Was ist dein wichtigster Ratschlag für Unternehmer*innen?

Auch wenn es selbstverständlich klingt – finde heraus, woran du glaubst. Was bietet dir Halt? Und: Glaube an dich selbst. Sei bescheiden, aber nicht schüchtern. Diesen Mittelweg versuche ich gerade zu finden.

Wenn du etwas Neues beginnen willst und das Feuer in dir spürst, dann lass dich darauf ein. Verliere nie aus den Augen, warum du angefangen hast, denn es wird gute und schlechte Zeiten geben. Aber dafür brauchst du die Unterstützung deiner Community. Ich weiß nicht, was ich ohne mein Team machen würde. Umgib dich mit guten Teammitgliedern – aber auch mit Freund*innen, die dir Bodenhaftung geben. Letztendlich sind deine Beziehungen der nachhaltigste Aspekt deines Unternehmens. Beziehungen dauern an, auch wenn andere Dinge wegfallen. Es werden immer noch Menschen da sein, die dich gerne unterstützen werden.

Und schließlich: Setze dir selbst Grenzen. Einschränkungen zwingen dich dazu, sehr ehrlich mit dir selbst zu sein. Einschränkungen fördern die Kreativität. Ich liebe das.

Veröffentlicht: 27. Januar 2022

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